Havana Rumba: Sound der kubanischen Jugend

Nach den Shows "Lady Salsa" und "The Bar at Buena Vista", welche beide spielerisch die Geschichte der kubanischen Musik ausbreiteten, folgt nun mit "Havana Rumba!" ein dritter Teil, welcher die Sounds der kubanischen Jugend feiert. Absolut sehens- und hörenswert.

Ein paar rührige, im Show-Business tätige Briten verbringen seit Jahren einen guten Teil ihres Lebens in Kuba. Unter ihnen auch Toby Gough, der als Regisseur an der Entstehung von "Lady Salsa" und "The Bar at Buena Vista" massgeblich mitbeteiligt war und später in ganz Kuba junge Leute für eine Show zusammentrommelte, in welcher die aktuelle Música Cubana auf die Bühne gebracht werden sollte. Zustande kam eine Truppe, deren Tänzerinnen und Tänzer fast ausnahmslos unter dreissig sind.

Das Bühnendekor von "Havana Rumba!" ist schlicht, an der Rückwand hängen ein paar grosse Fotos, welche einige der Protagonisten en la calle, in Strassenszenen, zeigen. Irgendwo steht ein Fass herum, daneben Perkussionsinstrumente. Die Band "Sonora la Calle" baut sich im Hintergrund auf, der Pianist stürzt sich sofort in lebhafte Claves, wie in der afrokubanischen Musik einerseits die rhythmischen Grundmuster, andererseits aber auch die Holzstäbchen heissen, die gegeneinander geschlagen werden.

In der Show jagt musikalisch oft ein Changüi den anderen, da die Protagonisten diese vife Musikform aus der Umgebung von Guantánamo im Osten Kubas ganz besonders mögen. Die Tänzerinnen, Tänzer und Musiker bringen generell Sounds auf die Bühne, welche sie für aktuell und wichtig halten. Die Musik wurde vom Tres-Spieler Chivo original für die Show komponiert und viele Texte stammen ebenfalls aus dem Dunstkreis des Castings, etwa von der dreiundzwanzigjährigen Tänzerin Anne Marie González, die Gedichte für Boleros beigetragen hat. Alles höchst erfrischend, weit und breit keine ollen Son-Kamellen wie "Guantanamera" oder "Chan Chan".

Nicht dass die Protagonisten a priori alles Alte ablehnten. Gleich zu Beginn werden mit Yambú, Columbia und Guaguancó die drei traditionellen Rumba-Formen als lebendige Grundlagen afrokubanischer Musik zelebriert: zu ersterem dreht man sich gemächlich im Paartanz, beim zweiten streiten sich die Chicos als tanzende Hähne und zum Guaguancó wehrt die Frau den sie umwerbenden Mann spielerisch mit ihrem fliegenden Rock ab. Ein Teil der Einnahmen von "Havana Rumba!" fliesst übrigens in ein Rumba-Projekt in einem armen Quartier Havanas.

Die Youngsters verlassen jedoch bald die traditionalistischen Pfade. Man verkehre nicht in Musiker-Altersheimen, spötteln die Chicos und Chicas in Bermuda-Shorts und Tangas, sondern vergnüge sich an der Beach. Zum Beispiel beim Schlagballspiel Pelota oder beim Gockeln und Posieren. Solche Szenen leben von der Improvisation, keine Vorstellung ist gleich wie die andere. Als der Züri-Tipp in Hamburg die Show erlebte, fehlten zum Beispiel die romantischen Boleros gänzlich. Die Szenen fetzten mit viel Drive vorbei, hinein in eine kubanische Lesart von Reggaeton, dessen Bum-tschak-tschak-Rhythmus hier auf Instrumenten und ohne Electro-Beats daherpulsiert. Ein für die kubanische Musik typischer Kompromiss zwischen Tradition und Moderne, der sich am Schluss auch in der alten aber immer noch populären Karnevals-Conga ausdrückt, bei welcher Tänzerinnen und Tänzer zwischen dem Publikum hindurch schunkeln.

[Erweiterte Version des Artikels aus Züritipp 21]

Zürich, Maag Musichall
29. 5. - 10. 6. 2007