Fabienne und Alexander

Interview mit Alexander Bolshov & Fabienne Bolshov-Liechti

Die mehrfache Schweizer Meisterin und international erfolgreiche Profitänzerin Fabienne Bolshov-Liechti, kehrt Los Angeles den Rücken, um - zusammen mit ihrem Mann Alexander Bolshov, dem mehrfachen „California Pro Latin Champion“ und begehrtem Tanztrainer aus den USA - in der Schweiz ihr Tanzstudio zu eröffnen! Dabei lehnen die beiden sogar das lukrative Angebot ab, als Profitänzer in der populären amerikanischen TV-Show „Dancing with the Stars“, mitzuwirken.

Fabienne und Alex, in der TV-Show „Dancing with the Stars“ in den USA mitzuwirken, ist eine riesige Ehre. Die Show ist eine der populärsten TV-Shows in ganz Amerika und scheint in einer viel grösseren Liga als die deutsche Version „Let‘s Dance“ zu spielen. Profitänzer dieser Show sind mittlerweile Hollywood-Stars, ergattern sich Rollen in Kino-Hits wie „Burlesque“ oder „Footloose“. Das wäre doch die Chance schlechthin gewesen, in Amerika so richtig berühmt zu werden. Wieso habt ihr ein solches Angebot abgelehnt?
A/F: Es war natürlich ein sehr verlockendes Angebot und demnach eine sehr schwierige Entscheidung. Wir wussten, dass diese Show das Sprungbrett für Vieles gewesen wäre. Als die Anfrage kam, hatten wir uns aber schon entschieden, in die Schweiz zu ziehen und ein Tanz-Studio zu eröffnen. Die Anfrage kam einfach zum falschen Zeitpunkt.

Wieso ist es denn besser in der Schweiz als in den USA zu leben? Gerade als Profitänzer?
A/F (lachen beide): Nun ja, je älter man wird, desto mehr verändern sich die Prioritäten. Wir hatten beide unsere Erfolge in den USA und strebten statt mehr Ruhm eine gemeinsame, stabile Zukunft an. Zudem hat Fabienne ihre Familie stark vermisst. Wir sagen es mal so, es ist von grossem Vorteil, für eine gewisse Zeit im Ausland zu leben, Erfahrung zu sammeln, erfolgreich zu sein. Aber letztendlich ist es ein Geschenk, in einem Land wie der Schweiz leben zu dürfen.

Das klingt ja sehr patriotisch!
Fabienne (lacht): Ja, ich bin heute sehr stolz, Schweizerin zu sein und in der Schweiz leben zu können. Das war nicht immer so, vor allem als ich jünger war. Aber da hat man ja auch andere Prioritäten. Heute finde ich, dass es kein anderes Land gibt, welches mehr Stabilität, Sicherheit, und Schönheit bietet. Die Menschen hier scheinen zufrieden zu sein. Das soziale System funktioniert. Wenn man woanders gelebt hat, weiss man die Schweiz wirklich sehr zu schätzen. Alexander: Das kann ich nur bestätigen. Ich bin in Russland aufgewachsen und habe in vielen verschiedenen Ländern gelebt, bevor ich in die USA zog. In der Schweiz war ich noch nie zuvor. Es war schon ein kleiner Schock für mich, wie perfekt hier alles ist. Die Schweiz ist für mich wie eine Oase.

Ihr wart aber beide schon sehr erfolgreich, bevor ihr nach Los Angeles gezogen seid. Fabienne, du bist eine der erfolgreichsten Schweizer Profitänzerinnen, bist die mehrfache Schweizermeisterin in den Lateinamerikanischen Tänzen, hast unzählige Titel und internationale Auszeichnungen und wurdest 6-fach durch den Swiss Olympic für internationale Spitzenleistungen ausgezeichnet. Alexander war ein weltweit sehr erfolgreicher und begehrter Tanztrainer und Profitänzer. Was war denn Eure Motivation, überhaupt nach Los Angeles zu ziehen? Und wo habt ihr Euch kennengelernt?
Alexander: Kennen gelernt haben wir uns in New York, natürlich durchs Tanzen. Zuvor reiste ich als Trainer durch Europa und Asien. Irgendwann erhielt ich das Angebot aus Los Angeles, als Profitänzer die USA zu repräsentieren und als Trainer zu arbeiten. Fabienne: Ich wollte mich im Gesang und in der Musik weiterbilden. Musik war schon immer meine zweite Leidenschaft nebst dem Tanzen. In Los Angeles wollte ich eigentlich der Musik nachgehen, nicht dem Tanzen, weshalb ich zu Beginn auch einige grössere Sachen abgelehnt hatte.

Was denn zum Beispiel?
Fabienne: Durch die Zusammenarbeit mit meinem damaligen Musik-Produzenten hatte ich den Choreographen Flii Stylz kennen gelernt, welcher damals Chris Brown‘s Welt-Tournee choreographierte. Chris Brown suchte für diese Tour eine hellhäutige Tänzerin für sein Team und eine Choreographin, welche Paartanz-Sequenzen choreographieren konnte. Ich wäre aber ein halbes Jahr unterwegs auf Tournee gewesen, wodurch ich mich nicht mehr auf mein eigentliches Ziel hätte konzentrieren können.

Einige Sachen hast du dann aber doch angenommen. U.a. bist du in der riesigen Live Show “American Idol, Idol gives back” im berühmten „Kodak Theatre Hollywood“, dem Zuhause der „Oscars“, aufgetreten, zusammen mit der Sängerin „Gloria Estefan“ . Was war das für ein Gefühl mit so einer Berühmtheit und vor so einem Millionenpublikum aufzutreten? Die Show hatte, so wie ich gesehen habe, unglaubliche 17.6 Millionen Zuschauer und war besetzt mit unzähligen Hollywood-Stars wie Brad Pitt, Mariah Carey, Reese Witherspoon usw.
Fabienne: Ja, das war natürlich sehr aufregend und Gloria Estefan ist natürlich toll und sehr professionell. Lustig war, dass ich erst gar nicht wusste, in welchem Ausmass das Ganze stattfinden sollte. Ich hatte lediglich den Auftrag, mit „Gloria Estefan“ zu „Get on your feets“ zu performen und dazu die Choreographie einzustudieren. Als ich dann den Ablaufplan erhielt, war ich schon überrascht, was genau dies für eine Show war. Aber das ist typisch L.A., oft weisst du nicht, in welcher Situation du dich gerade befindest.

Wie hast Du es denn überhaupt geschafft für einen solchen Auftritt gebucht zu werden? Warst Du in einer Agentur?
Fabienne: Nein, ich hatte das Glück sehr schnell mit den richtigen Leuten zusammen zu arbeiten. Ich wurde dann angefragt, für die amerikanische TV-Show „Dancing with the Stars“ eine Instruktions-Reihe, zusammen mit der Moderatorin und Jurorin „Carrie-Ann Inaba“, zu drehen. Die Produzenten von „American Idol“ wurden dadurch auf mich aufmerksam und luden mich zum Casting ein, wonach ich den Job dann erhalten habe.

Das ist ja der Traum nicht nur eines jeden Tänzers, in Hollywood so durchzustarten. Was ist deiner Meinung nach das Rezept dafür?
Fabienne: Hmm, das ist nicht so generell zu beantworten. Grundsätzlich denke ich, dass man - egal in welchem Bereich - ein ausserordentliches Talent wirklich besitzen muss und damit herausstechen kann. Dies muss man jederzeit unter Beweis stellen und abrufen können, auch wenn man komplett unvorbereitet ist. Es hilft, eine gewisse Lebenserfahrung zu haben um nicht an die falschen Leute zu gelangen. Dies kann in Los Angeles ganz schnell passieren, die Stadt ist wie ein Haifisch-Becken. Zudem braucht man eine dicke Haut und ein Ziel, welches man täglich vor Augen trägt. Man sollte aber dennoch seine eigene Integrität bewahren und sich nicht ausschliesslich vom Wunsch nach Ruhm treiben lassen. Ansonsten verliert man sich sehr schnell.

Ja, das klingt einleuchtend. Und nun, zurück in der Schweiz, eröffnet ihr am 16. April 2012 im Holmes Place, mitten in der Zürcher Innenstadt, euer Tanzstudio. Wieso überhaupt ein Tanzstudio?
A/F (lachen beide): Das liegt doch nahe. Wir haben unser Leben als Tänzer und Trainer gelebt und werden dieses immer leben. Zu tanzen und anderen Menschen das Tanzen beizubringen ist unsere Leidenschaft. Wir mögen es, nicht nur erfahrene Tänzer zu unterrichten, sondern auch Personen auf jedem Niveau, in jedem Alter. Und nun, da wir unsere aktive Turnier-Tanzsport Karriere beendet haben, können wir uns viel besser auf das Unterrichten und Coachen unserer Tanzschüler/innen und Turnierpaare konzentrieren und unsere Erfahrungen als Profitänzer und Trainer weitergeben.

Das heisst, ihr tanzt gar nicht mehr?
A/F: Doch, Shows tanzen wir natürlich weiterhin. Alles andere wird sich zeigen.

Was für Tanz-Kurse bietet ihr an?
A/F: Wir unterrichten hauptsächlich die Tänze „Argentine Tango“ und „Salsa“. Nebst den regulären, auf sich aufbauenden Kursen, unterrichten wir spezielle Technik-, Choreographie-, Ladies- und Men-Kurse in diesen Stilen und geben Workshops und Privatstunden. Ebenso unterrichten und coachen wir Turnierpaare und haben für Kinder und Jugendliche das Youth Dancesport Program entwickelt. Es sind noch viele weitere Projekte in der Pipeline und es wird definitiv noch sehr viel Spannendes kommen.

Das klingt ja wirklich alles sehr vielversprechend. Was ist denn Eure Philosophie?
A/F: In unseren Tanzkursen steht in erster Linie im Vordergrund, dass sich die Schüler wohl fühlen. Es soll ihnen einfach Spass machen, etwas Neues zu lernen. Natürlich legen wir auch Wert auf Technik, Qualität und Ästhetik im Tanzen, denn auch als Nicht-Profitänzer kann man sehr koordiniert und ästhetisch aussehen. In unserer jahrelangen Arbeit als Profitänzer und Trainer haben wir jedes Level in jedem Alter unterrichtet. Dies hat es uns leicht gemacht, eine Methode zu entwickeln, in der Technik leichter verständlich ist, so dass auch ein Schüler mit wenig oder keiner Erfahrung sie versteht.

Was ratet ihr blutigen Anfängern, welche bei euch „Salsa“ oder „Argentine Tango“ lernen wollen? Gibt es spezielle Schnupperangebote?
A/F: Unser Kurssystem ist in Bronze, Silver und Gold, jeweils in 3 Levels unterteilt. Einem Einsteiger empfehlen wir mit dem Kurs „Bronze, Level 1“ zu beginnen oder aber auch mit einem „START-UP!“ Kurs. Die „START-UP!“ Kurse sind für Personen gedacht, welche einen regulären Kurs planen, jedoch einen ersten Einblick erhalten möchten. Der Kurs ist auch ideal für Singles!

Und was habt Ihr für Angebote für Turnierpaare?
Alexander: Es ist uns ein grosses Anliegen den Schweizer Tanzsport zu fördern und zu unterstützen. Wir führen deshalb regelmässig Workshops und Seminare durch, erstmals am Samstag, 14. April im Holmes Place Zürich zum Thema „Usage of Body, Legs and Feet to be grounded and create speed“. Für Kinder und Jugendliche haben wir das Youth Dancesport Program entwickelt, welches jeweils am Mittwoch Nachmittag stattfindet.

Auf was legt ihr Wert bei Eurem Unterricht?
Alexander: Ich lege erstmals Wert auf das Fundament. Das Fundament, bzw. die Technik gibt dir jegliche Freiheit zur Individualität. Wenn du erstmals „grounded“ und verankert bist und dich 2- bis 6 dimensional zu bewegen weisst, kannst du alles kreieren, was du willst. Ausserdem siehst du viel gestreckter aus, der Körper wirkt viel ästhetischer. Rhythmik, Speed, Volumen und Dynamik kannst du viel besser anwenden, jegliches Partnerwork wird viel einfacher und auch die eigene Individualität lässt sich viel besser entwickeln.

Was habt ihr für einen Eindruck der Schweizer Tanzsport-Szene?
Alexander: Da wir erst aus den USA zurückgekommen sind, hatten wir leider noch nicht so viel Gelegenheit, uns ein genaueres Bild zu machen. Wir wissen aber, dass es auch in der Schweiz sehr viele talentierte Paare mit viel Potenzial gibt. Gerne würden wir auch mit dem Schweizer Tanzsportverband STSV und dem Swiss Olympic zusammenarbeiten. Es gibt vieles, was man noch für die Paare tun kann, daher wäre das natürlich toll. Wir sind auf jeden Fall offen für Neues.

[Ivana Leiseder]




http://www.fabiennebolshov.ch/index.asp?get=1&FID=77&File=level02