Michael Fleiner y su Septeto Internacional

Der Fribourger Michael Fleiner kreiert mit seinen Mitmusikern eigenwillige Latin-Jazz-Sounds, die absolut tanzbar sind.

Turbulentes Geknatter und ein Coro, der „Dejate Llevar!“ in die Perkussion hineinbrüllt; dann bedrohlich tiefe Bläserteppiche, die schliesslich in einen vom Piano vorgetragenen, elegant perlenden Clave münden: fulminanter Einstieg in die letzte CD der Latin-Jazz-Formation Septeto Internacional. Michael Fleiner, ein Musiker aus Fribourg, gründete die Gruppe 1999 unter dem Bandnamen Fiebre Latina. Zu seinem Konzept inspirieren liess sich Fleiner zwischen 1989 und 1993 während eines vierjährigen Aufenthaltes in Kolumbien, wo er sich mit allen möglichen Formen und Aspekten der Música Latina auseinandersetzte. Später diplomierte Fleiner an der Jazz School in Bern, nachdem er sich intensiv mit Jazz beschäftigt hatte. Mit seiner heutigen Gruppe Speteto Internacional kreiert Fleiner eine eigenwillige Auffassung von Latin Jazz, einem Musikuniversum mit langer Tradition.

Musik-Küche New York
Ein wenig Geschichte. Viele Latinos jedweder Herkunft und Couleur bevorzugten schon früh New York als Immigrationsziel. Vor allem musikalisch bedeutete die Zuwanderung aus Kuba, der Dominikanischen Republik, Panama, Kolumbien und anderen lateinamerikanischen Staaten für den Big Apple eine enorme Bereicherung. Puerto Rico gehört ohnehin seit Beginn des 20. Jahrhunderts politisch zu New York. Eine Begegnung zwischen Latin-Sounds und Jazz musste sich sozusagen zwangsläufig ergeben.

Und sie fand dann auch schnell einmal statt. Schlüsselrollen spielten dabei auf der Jazz-Seite Stan Kenton und Dizzy Gillespie, im Latino-Bereich der Exil-Kubaner Machito and His Afro-Cubans, deren Trompeter Mario Bauza für die frühen Fusionen von grösster Wichtigkeit war. Obschon Juan Tizols „Caravan“ von 1936 als erstes latinbeeinflusstes Jazz-Stück gilt, war es Bauzas Latin-Jazz-Komposition „Tanga“, die 1943 richtig einschlug. Stan Kenton wiederum brachte 1946 mit „Machito“ die vermutlich erste Latin-Jazz-Komposition auf Platte heraus. Die Fusionswelle war nicht mehr aufzuhalten. Gillespie integrierte den Perkussionisten Chano Pozo in seiner Gruppe, Puertoricaner entwickelten mit Jazzern eigene Mixturen und in den frühen 50er-Jahren verbandelten sich schliesslich Musiker wie Stan Getz mit brasilianischen Bossa-Nova-Koryphäen.

Eine wichtige Rolle für die Szene spielten dabei stets angesagte Clubs und Konzerthallen wie das Birdland und Palladium. In diesen „Küchen“ wurden die Mixturen gebraut und zusammenimprovisiert. Im Village Gate, einem geräumigen Club, der in seiner originalen Form bis 1996 im New Yorker Village florierte, wurde lange Jahre jeweils Montags unter dem Motto „Salsa meets Jazz“ einschlägigen Fusionen gehuldigt. Hier trafen sich an spannenden Abenden vor allem in den 80er-Jahren McCoy Tyner und Eddie Pamieri, dessen Bruder Charlie oder Ray Barreto mit Freddie Hubbard; zur Sonora Ponceña zupfte Jaco Pastorius den Solo-Bass und man konnte sogar noch Machito zusammen mit Dizzy Gillespie erleben. Anzumerken ist, dass die meisten dieser Koryphäen inzwischen verstorben sind.

Vitale Sounds
Das Latin-Jazz-Konzept erweist sich jedoch bis heute als vital und zwar auch in Kuba, wo Jazz in den ersten Revolutionsjahren als „kapitalistische Musik“ unerwünscht war. Bezeichnenderweise spielen denn mit Leonardo Govin (Posaune) und Mambi (Perkussion) gleich zwei Kubaner in Michael Fleiners Sepeto Internacional. Weitere Mitglieder sind der Altsaxophonist Nicola Orioli und der Schlagzeuger Jean-Baptiste Baldazza aus Frankreich; der Kontrabassist Peter Balzas stammt aus Ungarn und der Tenorsaxophonist Thomas Maeder ist Schweizer. Echt international also, die Formation, die übrigens schon in Havanna ausgezeichnet wurde.

Die Musik des Septeto kommt keinesfalls „intellekto-jazzig“ daher, die Grooves sind stets tanzbar, was selbst eingefleischten Salseros gefallen dürfte. Die neue CD bietet dabei eine Art konzeptueller Übersicht über einschlägige, vorwiegend afro-kubanische Formen. „Prolodia #2“, das zweite Stück, schleicht als jazziger Bolero dahin, während es sich bei „Emilia Antonia“ um eine synkopiert schreitende Guajira handelt. Neben vifen Son Montunes platzierte man mit „El Septeto Internacional“ gar eine eigenwillige Auffassung von einer Art Merengue, der sich hier aber auch einer puertoricanischen Plena nähert. Musikalische Wundertüten, die man sich unbedingt live anhören sollte.

Moods im Schiffbau, Zürich
Donnnerstag, 17. März