Mit dem Changüí auf den Spuren des Vaters

Das Orquesta Revé ist Synonym für einen grossen Teil kubanischer Musikgeschichte. Nächstes Jahr feiert Revé das 50-jährige Bestehen der Band und beglückte uns endlich wieder mit einem Konzert. Im Latin Palace triumphierte Elio Revé jr. am 5. November mit seiner jungen und enorm dynamischen Band über die lateinamerikanischen Stile, wie Salsa, Montuno, Changüí, Cumbia, Timba und afrokubanische Rhythmen.

Zwei energiegeladene Sets voller neuen alten Hits ergaben eine geballte Ladung Salsa zum Tanzen.
Aber das eigentliche Konzert war der Hammer und bewies, dass die Band in einer neuen "Power"phase ist und keine Wünsche offenliess.
Elio Revé jr. gewährte salsa.ch ein Interview mit interessanten Details über Changüí, seinen Vater, Juan Formell und einem Highlight zu 50 Jahre Revé. Die wichtigsten Fragen haben wir auf deutsch und spanisch, das ganze Interview gibts im mp3-Format. Es lohnt sich also reinzuhören.....

Dein Vater, Maestro Elio Revé, ist im Jahre 1997 gestorben. Kannst du uns etwas über ihn und seine musikalische Geschichte erzählen?
Mein Vater spielte Bembe, war Autodidakt und ist in Guantanamo geboren und spielte Changüí und die Tumba francesa, ein spezifischer Rhythmus der Haitianer, den auch in Guantanamo wenige kennen. Mein Urgrossvater war nämlich Haitianer und Nachfahre der farbigen Sklaven. Auch meine älteren Verwandten praktizieren diesen Rhythmus zum Teil noch heute mit Kleidern und Tänzen, die auch Wurzeln in Jamaica hat und sehr typisch ist für die Region Guantanamo. In diesem Ambiente gründend auf den Rhythmen Quiriba und Nengón wuchs mein Vater auf. In Gunatanamo und den umliegenden Regionen habe ich viele Verwandte. Mein Grossvater war Musiker und hatte 38 Kinder und so hab ich neben schwarzen auch weisse Cousins/inen. Der Name Revé ist französisch (rêve, Red.) und heisst Traum und wir sind somit etwa 900 – 1000 französischstämmige Immigranten in Guantanamo, Baracoa, Holguin, etc. Er verbrachte also seine Kindheit in diesem Umfeld, war ein Kämpfer und spielte Nengon, Bembe, Changüí, Quiriba, ….Noch jung ging er nach La Habana und konnte dank Beni More „El barbaro del ritmo“ 1950 – 52 die ersten Aufnahmen machen. Dann gründete er seine eigene Formation, das Orquesta Revé. Da er bereits grosse Kenntnisse über Rhythmen und Percussion besass, kam ihm dieses Wissen natürlich zugute und hatte grossen Erfolg in Havanna. Er hat dem Changüí aus Gantanamo Noten und Arrangements verpasst, einen charakteris-tischen Stempel gegeben und die Kadenz des Changüí beibehalten, was den Erfolg von Revé und meinem Vater ausmacht. Denn mein Vater ist ein Erfinder.

Wenn wir schon beim beim Son sind: Was sind die hauptsächlichen Unterschiede zwischen den Rhythmen Changüí von Revé und dem Songo von Juan Formell. Beide haben ja den Son als Basis und eine grosse Entwicklung durchgemacht. Was bezieht sich also stärker auf den Son?
Zuerst müssen wir den Unterschied zwischen Changüí und Son definieren, da die Frage: „Was war zuerst, der Son oder der Changüí“ entscheidend ist. Viele Journalisten auf der ganzen Welt stellen immer wieder diese Frage. Ich begann jung mit 19 Jahren und habe mit meinem Vater 11 Jahre lang zusammen gearbeitet. Der Changüí ist ein Stil und kommt von den Hügeln Guantanamós und der Region Baracoa. Der Changüí spielt man mit der Marimbula (eine Art Holzkiste mit verschiedenen Bassklängen, siehe auch „Vamos a la casa de pipi en yaperas“ auf der aktuellsten CD von Revé, Red.) und mit Bongó, welches mit dem Changüí sehr gut koordiniert werden kann. Der Songo hat eine ganz andere rhythmische Charakteristik, d.h. wie er gespielt wird. Der Songo hat eine ganz andere rhytmische Phrasierung als der Changüí.
Dies ist der essentielle Unterschied den Formell weiterentwickelt und berühmt gemacht hat. Beide sind aus der Musica Popular Cubana - unterscheiden sich aber im rhythmischen Charakter stark voneinander.

Du hast davon gesprochen, dass Revé einen eigenen charakteristischen Stil hat, den Changüí. Das ist wahr, denn die neueste CD ist charakteristisch in dem Sinne und modern im Bezug auf die Timba, aber auch sehr tanzbar. Ein Beispiel ist das Thema „Se sigue comentando“ Kannst du uns etwas über die Message des Stückes mitteilen?
Se sigue comentando ist Uiuiui… und in Kuba eine sehr beliebte Nummer. Wenn du also nach Kuba kommst fragst du einfach:“Uiuiui…was seh ich? Uiuiui ….wie schön!“ und alle wissen worum es geht. Es ist ein typisch kubanischer Ausdruck und ein Stück von mir geschrieben. Wie gesagt sehr bekannt: Wenn zum Beispiel die Kinder auf der Strasse an mir vorbeilaufen, sagen sie alle zu mir: „Uiuiui was seh ich?“ In der Tat ist die neue CD sehr abwechslungsreich mit Changüí, Baladen, Sones, etc. Sie verkauft sich sehr gut, in Europa, wie auch in (Latein-) Amerika.

Nicht nur die neuen Themen verkaufen sich gut, auch alte Hits haben internationalen Erfolg gehabt, wie „Mi Salsa tiene sandunga“, „Suave, suave“ „Rumberos latinoamericanos“ aus der Zeit deines Vaters. Wie war das in dieser Zeit als dein Vater diese Themen bekannt machte? Was meinst du zu all diesen Stücken, die teilweise legendäre Klassiker der lateinamerikanischen Musik sind?
Wie ich bereits schon erwähnt ist mein Vater ein Erschaffer, ein Schöpfer, der wenn er Dinge zur richtigen Zeit tat, sie richtig machte. Immer berief er sich auf die Wurzeln der Musica Popular Cubana und das ist auch der Grund warum z B. „Mi Salsa tiene Sandunga“ oder „Runidera“ , „Suave, suave“, etc. immer noch Aktualität haben. Wir werden auch heute abend diese Themen spielen.

Oder erinnerst du dich an das alte Stück „Oye me samá“ ebenfalls aus deines Vaters Zeit?
„Oye me samá…Yo siento morirme…El otro mundo no se puede cumban-char….llororira…Oye me samá…“ (singt es vor). Was ist also geschehen in dieser Zeit? Dies sind Themen, die Worte und Körper haben, welche das Leben zwischen Mann und Frau ausdrücken. Sie besitzen einen Refrain, einen Reim: Was will ich damit sagen? Musiker, wie Adalberto Alvarez , Juan Formell, Orquesta Revé, Candido Fabre und Original de Manzanillo, …komponieren Themen, die sich aufgrund von Erlebtem ergeben. Und dies fügen wir in die aktuelle kubanische Musik ein. Darum haben die Stücke Erfolg, weil jedes Mal daraus eine Anekdote entsteht und es um Dinge des täglichen Lebens geht. „Mi Salsa tiene Sandunga“ ist ein hervorragendes Beispiel dafür.

[Manuel & Yoconda
DJ's "Son Clave"]