Thomas Stadler in Interview
Das Salsafestival Switzerland in Zürich findet heuer zum fünfzehnten Mal statt. Der 48jährige Organisator Thomas Stadler unterhielt sich im Vorfeld mit dem Journalisten Hans Keller.
Wie sind Sie denn persönlich zur Salsa gekommen?
Das hat einen familiären Hintergrund. Mein Vater wanderte aus und lebte an verschiedenen Orten der Welt, auch in Lateinamerika. Ende der 80er-Jahre besuchten mein Bruder und ich ihn unter anderem in der Dominikanischen Republik. Dort schneite es mich im Januar 1988 zum ersten Mal in einen echten Latino-Club und die Szenerie faszinierte mich total. Zurück in der Schweiz setzte ich alle Hebel in Bewegung, um hier diesbezüglich etwas in Gang zu bringen. Ich kontaktierte Rita Buzek, die wahrscheinlich erste Nicht-Latina, die sich um den Aufbau einer einschlägigen Szene kümmerte. Ich besuchte bis zu fünfmal wöchentlich meine ersten Salsa-Tanzkurse, in denen ich ganz und gar aufging und organisierte anschliessend auch entsprechende Partys.
Ab wann engagierten Sie sich beim Salsa-Festival?
Wir feiern heuer den fünfzehnten Geburtstag und ich war von Anfang an mit dabei, habe aber den Anlass nicht erfunden. Das war Stefan Schüpfer, der auch Salsamania im Xtra ins Leben rief. Nachdem er das Salsafestival verlassen hatte, übernahm ich seine Arbeit.
Anlässe dieser Art gibt es ja mittlerweile so einige
Klar, fast jedes grössere Dorf in Deutschland veranstaltet heute Salsa-Events; in der Schweiz sieht es ähnlich aus. Viele dieser Veranstaltungen überleben aber nicht lange.
Wie schätzen Sie den gegenwärtigen Zustand der hiesigen Salsa-Szene ein? Gibt es genügend Nachwuchs?
Die Szene wogte immer wieder auf und ab, was oft mit gewissen Filmen wie etwa "Dirty Dancing" von 1987. oder "Buena Vista Social Club" aus dem Jahr 1997 zusammenhängt. Dadurch wurden Trends angekurbelt und Booms ausgelöst. Zurzeit habe ich aber nicht das Gefühl, dass die Szene stark wächst, aber sie verändert sich dennoch, da sich stetig andere Tanzstile durchsetzen. Die Zahl der Tanzschulen und Tanzveranstaltungen hat ebenfalls zugenommen, was es für die Salsa-Szene nicht gerade einfach macht.
Welche musikalischen Trends werden denn am diesjährigen Festival auszumachen sein?
Es gibt immer wieder Eintagsfliegen-Hypes, wie bis vor kurzem zum Beispiel Quebradita, ein Salsa-Stil aus Mexiko, der so schnell verschwand, wie er aufgekommen ist. Am Festival werden drei Ausrichtungen Oberhand haben: Cuban Style, Salsa Portoriqueña sowie der die ähnliche New York Style. Letztere beiden "Linear-Salsas" haben in der jüngeren Vergangenheit eher noch zugelegt.
Was ist mit der neueren, schnellen und melodiösen Salsa aus der Dominikanischen Republik, die dort boomt?
Macht sich bei uns nicht bemerkbar.
Persönlich höre ich gerne Salsa, zum Tanzen ist mir das zu kompliziert. Ich mag lieber das einfache, aber "sinnliche" Brot wie Bachata, Merengue, Forró, Kizomba etc. Ist "sozialer", als das virtuose Gedrehe, wie man es meist an Salsa-Events zu sehen bekommt, da man bei diesen "einfacheren" aber emotionalen Tänzen schlicht eine Partnerin im Arm hält und zusammen im Rhythmus zu swingen versucht. Ich habe das in den sechs Jahren NewYork, aber auch hier in echten Latin- oder Brasil-Bars erlebt und empfinde es als viel angenehmer denn Salsa-Artistik.
Hiesige jugendliche Salsa-Aficionados mögen dieses komplizierte Zeug und die stetig höheren Anforderungen daran, um andere auf der Tanzfläche zu beeindrucken. Es ist ein bisschen wie im Sport. Snowboarder, Extremsurfer und so weiter probieren immer verrücktere Dinge um damit anzugeben: da hab ich dreimal und dort sogar viermal gedreht.
Kommen denn jeweils viele Latinos ans Festival?
Das hängt sehr davon ab, was für einen Live-Act wir am Freitag bieten. Cheo Feliciano, Victor Manuelle, José Alberto "El Canario" und andere, die schon bei uns auftraten, sind grosse Namen im Mundo Latino und an diesen Namen liegt es, ob die Latinas und Latinos erscheinen. An den Tanz-Workshops jedoch nehmen praktisch keine Latinos teil - warum auch?
Salsafestival Switzerland
vom 26. bis 28. Februar 2016
Kongresshaus Zürich
Infos:
www.salsafestival.com
http://salsa.ch/posts/salsafestival-switzerland-15-jahre-jubilaeum